Deutschlandweit haben mittlerweile einige SpoKs stattgefunden, bei denen die Teilnehmer ihre Leistungsfähigkeit vor und nach der Schulung messen konnten. Wir haben die vorläufigen Ergebnisse im letzten Jahr auf einem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Leibzig vorgestellt. Zu dem Kongress-Abstract mit den Ergebnissen geht es hier: 

Sportorientierte Kompaktschulungen für Menschen mit Multipler Sklerose (SpoKs) – vorläufige Ergebnisse

von: Stephanie Kersten, Christina Lutz, Magnus Liebherr, Patric Schubert, Florian Beaudouin, Philipp Wagner, Christian Haas

(Veröffentlicht auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN ) in Leibzig, 2017)

Hintergrund: Sport stellt, neben zahlreichen gesundheitsrelevanten Funktionen für Personen mit Multipler Sklerose (PmMS) (Platta et al., 2016), ein wichtiges soziales und kulturelles Element dar. Allerdings wird aus Untersuchungen zur Sportaktivität bei MS deutlich, dass vielen Betroffenen der Zugang zu Sport verwehrt bleibt (Kersten et al., 2014). Gründe hierfür können Unwissenheit, Angst, Symptomatik, Schmerzen, fehlende Angebote oder mangelnde Motivation sein.

Ziele: Bisherige Untersuchungen zeigen, dass es möglich ist, PmMS in Sport und Bewegung auszubilden, um Ihnen einen Zugang und krankheitsgerechten Umgang mit Sport zu ermöglichen (Kersten et al., 2014). In Kooperation mit sieben Landesverbänden der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft werden seit Juni 2015 sportorientierte Kompaktschulungen (SpoKs) als Wochenend- Workshops angeboten, um PmMS sowohl einen Zugang zum als auch eine langfristige Bindung an Sport zu ermöglichen.

Fragestellung: Können PmMS sportspezifische Kompetenzen erwerben, so dass sie innerhalb von zwölf Wochen mittels selbstgesteuertem Training ihre körperliche Leistungsfähigkeit verbessern und ihre Selbstwirksamkeit erhöhen?

Methoden: Bisher wurden im laufenden Projekt sieben SpoKs vollständig abgeschlossen. 42 Schulungsteilnehmer/innen [Alter: 52,4±8,8 Jahre; Krankheitsdauer: 17,2±9,7 Jahre] haben dabei alle Schulungstermine wahrgenommen sowie alle Eingangs- und Ausgangstests absolviert. Vor dem Beginn der Schulung (T0) und zwölf Wochen danach (T1) wurden motorische Tests wie der Six- Minute-Walk-Test (SixMWT), der Ten-Meter-Walk-Test (TenMWT) und das Functional Gait Assessment (FGA) sowie psychometrische Tests zur Fatigue (Fatigue-Severity-Scale) und Selbstwirksamkeit (Selbstwirksamkeit-zur-sportlichen-Aktivität-Skala) durchgeführt.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Verbesserung der Gehgeschwindigkeit (p<0,01), der maximalen Gehstrecke innerhalb von sechs Minuten (p<0,01) und des dynamischen Gleichgewichts (p<0,001) nach zwölf Wochen. Keine statistisch signifikanten Veränderungen zeigen die Ergebnisse der Fatigue und der Selbstwirksamkeit. Insgesamt tolerierten die Teilnehmerdie psychische und physische Belastung der Workshops sehr gut und konnten durch den Kompetenzgewinn ihr sportliches Training zielorientiert in den Alltag integrieren bzw. erweitern und sinnvoll bewerten.

Schlussfolgerungen: Der didaktische Schwerpunkt der SpoKs liegt auf einer individuellen, flexiblen und persönlichen Betreuung trotz Gruppenangebot. Zuweilen besteht das Risiko, dass individuelle Bedürfnisse von MS-Betroffenen in Pauschalangeboten zu wenig berücksichtigt werden und so eine sinnvolle Trainingsgestaltung sowie der nachhaltige Trainingserfolg gefährdet sind. Die Ergebnisse der laufenden Studie zeigen, dass sowohl Personen, die sporterfahren sind als auch Personen, die sich noch nie mit Sport beschäftigt haben, von dieser Schulungsmaßnahme profitieren. Ergebnisse internationaler MS-Studien belegen, dass regelmäßiges sportliches Training zu bedeutsamen Verbesserungen bei motorischen, kognitiven und symptomatischen Parametern führen kann (Motl & Sandroff, 2015). Darüber hinaus zeigte sich in der vorliegenden Studie, dass die Stichprobe durch eine durchschnittlich lange Krankheitsdauer charakterisiert ist. PmMS sollte allerdings frühzeitig nach Diagnosestellung sportspezifische Schulungsmaßnahmen empfohlen werden, da der Umgang mit Sport und Bewegung eine Schlüsselrolle im weiteren Krankheitsverlauf darstellen kann.

Literatur:

Kersten, et al. (2014). Zum Sport- und Bewegungsverhalten von Multiple Sklerose-Patienten – eine explorative Analyse. Akt Neurol, 41(02), 100-106.
Kersten, et al. (2014). A Pilot Study of an Exercise-Based Patient Education Program in People with Multiple Sclerosis. Mult Scler Int, 2014(1). doi: 10.1155/2014/306878
Motl, & Sandroff (2015). Benefits of Exercise Training in Multiple Sclerosis. Curr Neurol Neurosci Rep, 15(9), 62. doi:10.1007/s11910-015-0585-6
Platta et al. (2016). Effect of Exercise Training on Fitness in Multiple Sclerosis: A Meta-Analysis. Arch Phys Med Rehabil, 97(9), 1564-72.


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